Wiener
System aus Finanz, Politik und Justiz vertuscht Madoff-Skandal
In einem Land, in dem ein britischer Journalist
und Buchautor, der zu Bernard Madoffs Milliardenbetrug recherchiert, monatelang
von der Steuerprüfung schikaniert wird, darf man sich auch über dieses Urteil
nicht wundern: Die Bank Austria wurde vom Obersten Gerichtshof von dem Vorwurf
freigesprochen, ihre Prospektpflichten in Zusammenhang mit dem „Primeo Fonds“
verletzt zu haben. Dieser Fonds diente letztlich nur als Vehikel, um Madoffs
milliardenschwerem Pyramidenspiel neue Mittel zuzuführen. Die Bank will davon
freilich erst nach Auffliegen des Skandals erfahren haben. Ein
Schadenersatzanspruch für die geschädigten Bankkunden ist damit zunächst vom
Tisch. Nun muss jeder einzelne Anleger einen Beratungsfehler durch die Bank
nachweisen, um sein verlorenes Geld eventuell doch noch zurück zu bekommen.
Hinweise auf Insiderhandel
Dabei soll es in der
Bank Austria bereits seit dem Jahr 1996 sich verdichtende Hinweise gegeben
haben, dass Madoffs Anlagestrategie ausgesprochen dubios war. Wiens
Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein spricht von Insiderhandel, sogenanntem
„Frontrunning“. „Man wusste, wie gearbeitet wird und hat trotzdem
weitergemacht“, behauptet Jenewein in Richtung Bank Austria, die sich zu diesem
Vorwurf nicht äußern will, das OGH-Urteil aber naturgemäß bejubelt. Und ein
weiteres Indiz, dass die Bank schon früh selbst Probleme bei der Zusammenarbeit
mit Madoff sah, liefert ein interner Revisionsbericht aus 2003, in dem es
heißt:
Die Entscheidung, Madoff als Manager einzusetzen, wurde 1996 von
der Primeo Fund Ltd. getroffen. Eine schriftliche Vereinbarung mit Madoff über
dessen Aktivitäten gibt es bis dato nicht. Über die Zusammenarbeit mit Madoff
existiert seitens der BAWFM lediglich ein internes Gesprächsprotokoll im
Zusammenhang mit einigen Besuchen bei der Firma Madoff in New York.
Auf den Punkt gebracht:
Die Bank Austria hatte zu diesem Zeitpunkt Madoffs Schneeballsystem schon mit
zig Millionen versorgt, obwohl es nicht einmal eine schriftliche Vereinbarung
mit dem „Fondsmanager“ gab - aber für den Obersten Gerichtshof ist alles in
Ordnung…
Bittere Entscheidung gegen den Verbraucherschutz
Wiens FPÖ-Klubobmann
Johann Gudenus nannte das OGH-Urteil angesichts der gegen die Bank Austria
sprechenden Verdachtsmomente eine „unverständliche, bittere Entscheidung gegen
den Verbraucherschutz“. Wundern muss man sich darüber freilich nicht, hatte
doch nicht nur Wiens Finanzelite ihre Finger im Madoff-Spiel, sondern auch die
rote Politik. Konkret geht es um die skandalumwitterte AVZ-Stiftung, die zur
Verwaltung der Anteile der späteren Bank Austria gegründet worden war und den
Verkaufserlös von rund 1,7 Milliarden Euro danach fast bis auf den letzten Cent
verzockte. Diese Stiftung soll auch an der Akquisition neuer Anlegergelder für
das Madoff-System beteiligt gewesen sein. Sie hielt laut einem
Bank-Austria-Revisionsbericht aus dem Jahr 2001 25 Prozent an der
Bank-Austria-Tochter LB Holding GmbH, die wiederum hundertprozentige Aktionärin
des Primeo Fund sowie der Offshore-Gesellschaft Bank Austria Worldwide Fund
Management (BAWFM) war. Die Bank bezeichnet diese Darstellung als Fehler,
korrigiert sie jedoch nur im Detail. Eigentümer sei nicht die AVZ selbst,
sondern eine ebenfalls zu dieser gehörende Holding-Gesellschaft gewesen.
Das Wiener System setzt sich zur Wehr
Wenn man nun weiß, dass
die AVZ-Stiftung von Wiens Bürgermeister Michael Häupl gegründet wurde, dass
prominente SPÖ-Ex-Politiker wie Alfred Gusenbauer oder Ferdinand Lacina beste
Beziehungen zu Madoffs wichtigster Geschäftspartnerin Sonja Kohn (Bank Medici)
unterhielten, dann darf man sich auch nicht wundern, dass die Steuerfahndung im
Büro eines britischen Buchautors nach jedem kleinen Kassenbon sucht. Sein Buch
„Pyramid Games“ (hier als Kindle-E-Book erhältlich) über den
Betrugsfall Madoff hat Michael Leidig dennoch herausgebracht. Am Dienstag nahm
er an einer Diskussionsveranstaltung der FPÖ Wien teil und schilderte dabei die
– möglicherweise von oben angeordneten – Behördenschikanen. Warum das alles
hier so einfach geht, erklärte der Bank-Experte Markus Braun: Weil die
Verbindung zwischen Finanz, Banken, Behörden, Politikern und letztlich auch
Justiz in keiner anderen europäischen Hauptstadt so stark sei wie in Wien.
Einen aktuellen Bericht über die Diskussionsveranstaltung, die symbolträchtig
im Wiener Rathaus stattfand, hat FPÖ-TV veröffentlicht:
(Quelle: Unzensuriert.at)
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