Länder lassen "Konjunkturpaket Wohnen"
platzen
23. Oktober 2013,
19:10
euverhandlungen über Vergaberichtlinien
für 276 Wohnbau-Millionen gefordert
Was sich bereits
abgezeichnet hat, ist nun eingetreten: Die Bundesländer halten die Auflagen des
"Konjunkturpaket Wohnen" für nicht erfüllbar und verlangen vom Bund, die
Vergaberichtlinien komplett neu zu verhandeln.
Die 276 Millionen Euro,
die aus dem Erlös der jüngstenFrequenzversteigerung des Bundes in ein Sonderwohnbauprogramm fließen
sollten, liegen damit vorerst auf Eis. Gedacht waren sie ursprünglich durchaus
als Anschubfinanzierung, um die Bundesländer zu mehr Förderungen für den
Wohnungsneubau zu bewegen. Doch die Wohnbaulandesräte der Länder beschlossen in
ihrer zweitägigen Konferenz Dienstag und Mittwoch in Graz, das Paket an den
Bund zurückzuschicken - und zwar einstimmig, wie der steirische Landesrat
Johann Seitinger (ÖVP) Mittwochabend betonte. Auch die Stadt Wien, die sich
"am ehesten" noch in der Lage gesehen hätte, die Auflagen zu
erfüllen, zog mit, wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ)
klar machte.
Um
das Geld abholen zu können, müssten die Länder in den Jahren 2013 und 2014 mehr
Wohnungen fördern als im Schnitt der Jahre 2006 bis 2011. "Diese Latte
liegt für viele Länder einfach zu hoch", so Seitinger, in dessen Ressort
der steirische Wohnungsneubau fällt. Laut seinem für Sanierungen zuständigen
Regierungskollegen Siegfried Schrittwieser (SPÖ) hätte das Land rund 185
Millionen Euro zusätzlich in die Hand nehmen müssen, um die für die Steiermark reservierten
37 Millionen Euro zu erhalten. "Da haben wir gleich gesehen, dass sich das
nicht ausgeht", so Schrittwieser. Sein oberösterreichischer Amtskollege
Manfred Haimbuchner (FPÖ) spricht von 100 zusätzlichen Millionen,
um 44 Millionen abholen zu können, Ludwig bräuchte in Wien ebenfalls 100
Millionen für 72 Millionen an Kofinanzierung vom Bund. "Wir werden alles
unternehmen, um dieses Geld vom Bund nicht liegenzulassen", hatte Ludwig noch vor wenigen Wochen zum STANDARD gesagt.
Die Wohnbaureferenten
erwarten nun, dass der Bund mit sich reden lässt und die Auflagen lockert.
Schrittwieser nannte die Vergaberichtlinien am Mittwoch schlicht einen
"Irrtum", für Kärntens Landesrätin Gabriele Schaunig (SPÖ) steckte
zumindest "keine böse Absicht dahinter", wie sie sagte. Sie führte
die herausfordernden Auflagen auf "nur mit einiger zeitlichen Verzögerung
erhältliche Statistiken" zurück. Für Haimbuchner wäre es "das
beste, wenn der Bund einfach das Geld zur Verfügung stellen würde, zweckgebunden
- mit der Auflage, die Wohnbauleistung deutlich zu steigern". (Martin
Putschögl, derStandard.at, 23.10.2013)
Starke Zweifel am Konjunkturpaket Wohnen
9. September 2013,
17:09
Länder müssten heuer um ein Fünftel mehr
Wohnungen fördern als im vergangenen Jahr - Förderzusicherungen 2012 deutlich
unter Zehn-Jahres-Schnitt
Wien - 276 Millionen
Euro hat der Bund im Mai für den Wohnbau außertourlich zur Verfügung gestellt.
Das Geld soll nach Einwohnern gestaffelt an die Länder verteilt werden und dort
in den Neubau geförderter Wohnungen fließen. Bis zu 14.000 Wohnungen könnten
damit gebaut werden, hieß es im Frühjahr.
Wohnbauforscher bezweifeln nun aber, dass das
auch passieren wird: Die Auflagen des Bundes sind nämlich - positiv formuliert
- eine "große Herausforderung" für die Länder, sagen Wolfgang Amann
vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) und Andreas Oberhuber von
der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen (FGW). Um das Geld vom
Bund abholen zu können, müssen die Länder sowohl heuer als auch 2014 jeweils
mehr Neubauwohnungen (ohne Wohnheime) fördern als im Schnitt der Jahre 2006 bis
2011. Und diese Latte liegt hoch - nämlich bei bundesweit 30.000 Wohneinheiten
(Eigenheime und Geschoßwohnungen), wie Amann für den STANDARD errechnet hat.
Woraus sich ergibt: "Bezogen auf die Förderungszusicherungen 2012 müssten
die Länder um 21 Prozent zulegen, um diese Werte zu schaffen", so Amann.
In
Wien wären laut seiner Rechnung immerhin um 16 Prozent mehr Wohneinheiten
notwendig. Seitens der Stadt hieß es dazu recht vage, man werde alles
unternehmen, um den Durchschnitt zu übertreffen. "Wir lassen sicher kein
Geld vom Bund liegen", sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ).
Die Auflagen seien "schwierig, aber machbar".
25.270 Einheiten im Vorjahr
Oberhuber hält es wegen
der langen Vorlaufzeiten von Wohnbauten - meist drei bis fünf Jahre - aber für
eher unwahrscheinlich, dass die Rechnung aufgeht. Ihm wurde seitens der Stadt
ein Ziel von 5500 Wohneinheiten für heuer signalisiert. Angesichts des
Einbruchs im Jahr 2011, als nur 2309 Wohnungen gefördert wurden, sei das zwar
ein "erfreuliches Signal"; 2009 waren es aber noch 6700 geförderte
Wohneinheiten in Wien. Auch deshalb, weil sich in den letzten Jahren ein
Nachfragerückstau angehäuft habe, seien die 5500 von heuer für ihn jedenfalls
"zu wenig".
Laut aktuellen Zahlen,
die Amann am Montag präsentierte, lagen die bundesweiten Förderzusicherungen
2012 mit 25.270 Einheiten deutlich unter dem Zehn-Jahres-Schnitt. Länderweise
ist dieser Rückstand aber höchst unterschiedlich, er reicht von sieben Prozent
in Oberösterreich über zwölf Prozent in Wien bis zu 49 Prozent in der
Steiermark.
Sowohl für Amann als
auch für Oberhuber macht die beabsichtigte Aufteilung nach dem
Bevölkerungsschlüssel beim Sonderwohnbauprogramm keinen Sinn: "Eine
Unterdeckung mit leistbarem Neubau besteht vor allem in den größeren
Landeshauptstädten. Zielwerte für ganze Länder sind insofern ein zu grober
Rechen", so Amann. Auch Oberhuber drängt auf eine "stärkere Offensive
in den innerstädtischen Lagen", insbesondere auch was den geförderten
Wohnbau betrifft.
Bauen ohne Förderung
Amann wies am Montag
zudem darauf hin, dass bei der Errichtung von Eigenheimen immer seltener die
Wohnbauförderung mit im Spiel sei. Der sogenannte "Förderdurchsatz"
habe sich seit Anfang der 1990er-Jahre von 90 auf nur noch 50 Prozent gesenkt;
jedes zweite Eigenheim wird also bereits ohne Wohnbauförderung gebaut - eine
"bedenkliche Entwicklung", weil damit die Bindung an strengere
energetische Standards wegfalle und generell Lenkungseffekte der Wohnbauförderung
verlorengingen. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 10.9.2013)
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