Gastkommentar von Andreas Unterberger: Kein Geld mehr für Kultur, kein Geld mehr für Wissenschaft, aber viel Geld für einen Schlagerwettbewerb: Das sind die Prioritäten, die das Wiener Rathaus bei der Verwendung von Steuergeldern setzt.
Die Fakten allein
aus den letzten Tagen: Der weltweit renommierte Kreisler-Wettbewerb, bei dem in
Wien der beste Violinist der Welt gesucht wird und über den auf allen
Kontinenten berichtet wird, wäre heuer fast abgesagt worden. Das Rathaus hat
heuer den Kostenbeitrag (60.000 Euro) abgelehnt. Niemand kann mehr sagen, ob es
diesen Wettbewerb in Zukunft geben wird.
Das
IHS (Institut für Höhere Studien) in Wien steht vor dem Zusperren, weil die
Gemeinde Wien nicht bereit ist, 600.000 Euro für das Institut aufzuwenden.
Informanten sagen, dass das IHS jetzt in ein anderes Bundesland übersiedeln
dürfte, um überleben zu können.
Es
geht aber auch anders. In anderen Fällen hat man im Rathaus sehr große Spendierhosen
angezogen:
Nicht
weniger als 8,89 Millionen Euro werden aus dem Wiener Stadtbudget für den
Schlagwettbewerb der Europäischen Fernsehanstalten ausgegeben. Wobei Experten
meinen, dass dieser am Schluss noch viel mehr Steuergeld kosten wird (den letzten
Song Contest hat Conchita Wurst gewonnen, der derzeit im Pariser
Strip-tease-Lokal „Crazy Horse“ an einer Travestie-Show teilnimmt).
453.000 Euro für Wienwoche
Steuergeld
(453.000 Euro) gab es in den letzten Tagen auch für das grüne Agitationsfestival
„Wienwoche“. In dessen Rahmen fanden dann so honorige Dinge statt wie ein
„Kopulationsring“ oder Veranstaltungen, welche die Befreiung Ungarns und des
Balkans von der osmanischen Besetzung durch Prinz Eugen als „Angriffskrieg“
denunzierten.
Zwei
Millionen Euro zusätzlich wird es im kommenden Jahr für das „Marketing“ des
Rathauses geben. Mit diesem Geld wollen die regierenden Parteien für sich mehr
Stimmung machen – auf Kosten der Steuerzahler. Wird doch 2015 der Wiener
Gemeinderat neu gewählt.
Eine
massive Geldverschwendung war dieser Tage auch die zehnstündige Sperre des
Rings zur besten Geschäfts-, Tourismus- und Bürozeit, damit dort ein Kunstrasen
aufgelegt werden konnte. Menschen waren freilich auf diesem Rasen so gut wie
keine zu sehen. Die größten Kosten sind bei dieser „Aktion“ freilich nicht dem
Rathaus, sondern den einzelnen Bürgern entstanden: Sie steckten lange im Stau
und konnten keine Verabredungen einhalten. Die Geschäfte rund um diese Aktion
beklagten einen spürbaren Umsatzrückgang. Und der Umwelt haben die Stauabgase
wohl auch nicht geholfen.
Gibt’s
noch irgendwelche Zweifel, was den Rathausgewaltigen wichtig ist und was nicht?
Bürger, klassische Musik und Wissenschaft sind es ganz eindeutig nicht. Dabei
ist unsere Zukunft absolut von Kultur und Forschung abhängig. Und nicht von
Kunstrasen und Song Contests.
Wien müsste sparen
Um
nicht missverstanden zu werden: Man könnte in Zeiten der Budgetnöte auch über
die Notwendigkeit von Geigen-Wettbewerben und Forschungsinstituten diskutieren,
wenn nicht gleichzeitig so absurde andere Prioritäten gesetzt würden. Denn
eigentlich müsste Wien ja ganz dringend sparen. Ein Rohbericht des
Rechnungshofs machte jetzt ausdrücklich klar: Wiens Budgetpolitik sei
mittelfristig nicht finanzierbar. Der Schuldenstand betrug schon Ende 2013 über
4,6 Milliarden Euro. Und Wien hat jetzt schon mehr Schulden als alle anderen
Gemeinden Österreichs zusammen . . .
Der Autor war 14 Jahre
Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das
heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.
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