Freitag, 7. August 2015

Die SPÖ-Granden und der Wahlkampf

65 Tage sind es noch bis zur Wien-Wahl am 11. Oktober. Jeden Tag wird eine Nummer abgezogen, ein bisschen wie ein Adventkalender. Über 30 Mitarbeiter arbeiten hier am Wahlerfolg der SPÖ.
Im direkten Kontakt mit den MieterInnen macht sich Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei seiner Tour durch geförderte Wohnhausanlagen im Rahmen von Sommerfesten selbst ein Bild und bespricht Anliegen und Wünsche direkt vor Ort. Und so wie Ludwig sich um seine Mieter kümmert, allerdings nur im Wahlkampfzeiten, so kümmert sich Häupl, um seine Wiener.
"Es ist bei Weitem nicht der ganze Wahlkampf, gegen die FPÖ zu argumentieren", betonte Bürgermeister Michael Häupl bei der trotz schweißtreibender Temperaturen medial und politisch äußerst gut besuchten Eröffnung. Das mache man zwar auch, "weil wir Unheil von der Stadt fernhalten wollen." Die inhaltliche Herausforderung sei aber eine andere. Es gehe darum, alles, was in dem "Gesamtkunstwerk" Wien jetzt schon gut funktioniere - von Gemeindewohnung bis Gratis-WLAN -, fortzuschreiben. "Was wir heute für 1,5 Millionen Menschen schaffen, wollen wir 2030 auch für zwei Millionen zusammenbringen. Das ist unser Ehrgeiz und Anspruch", meinte Häupl. Asyl werde dagegen im Wien-Wahlkampf der SPÖ keine Rolle spielen, bekräftigte der Bürgermeister. "Das Asylthema ist in Wien gelöst. Es gibt wesentlich wichtigere und gravierende Themenfelder." Recht und Gesetz wäre eines, das von ihm nicht ernst genommen wird und schon gar nicht von seinen Mannen. Aber er bleibt bei den unverfänglichen Themen:

  • Ein Kindergartenplatz für jedes Wiener Kind
  • 10.000 neue Wohnungen im Jahr
  • mehr Mitbestimmung im Grätzel
  • Erhaltung des mehrheitsfördernden Wahlrechts
  • 36 neue Pflegewohnhäuser
  • die 365-Euro-Jahreskarte beibehalten




Beim geplanten Durchgriffsrecht des Bundes bei der Quartierschaffung für Flüchtlinge setzt Häupl auf die Kommunikation mit den Gemeinden. Eine Volksbefragung dazu, wie sie der burgenländische LH Hans Niessl (SPÖ) in seinem Bundesland andenkt, lehnt er ab. Ein etwaiger Assistenzeinsatz des Bundesheeres wiederum dürfe lediglich unterstützen, forderte Häupl. die Ausserkraftsetzung des Dublin Abkommens ist schon EU konform ? Zugegeben: Michael Häupl hat Recht, wenn er sagt, dass Wien die Asylwerberquote übererfülle und in unserer Stadt niemand in Zelten hausen müsse. Das ist gut. Es bereits als "Lösung" zu bezeichnen, ist aber zynisch. Die Wahrheit ist, dass das Asylthema die Wahl (mit-)entscheiden wird. Dafür sorgt die FPÖ. Und sie wird sich genüsslich daran abarbeiten, dass Häupl zu dem heiklen Thema vorsorglich schweigt.
Eine im Burgenland angedachte Volksbefragung zum geplanten Durchgriffsrecht des Bundes bei der Schaffung von Flüchtlingsunterkünften lehnt Häupl ab. Häupl ist gegen Volksbefragungen,weil er Angst hat, dass sie nicht das von Ihm gewünschte Ergebnis bringen würden. Allerdings zeigt das auch,dass er will das nicht das Volk der Souverän ist, sondern der Bürgermeister und Polit Dinosaurier. Ein Wahlkampf auf dem Rücken Hilfesuchender wäre für keinen der Beteiligten ein Ruhmesblatt. Niessl sei aus seiner Sicht "ein Sozialdemokrat, der halt jetzt den Fehler gemacht hat, in Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen zu gehen": "Ich hoffe, er wird nicht angesteckt." Eine schwache Aussage, die genau dem Vorgang der SP entspricht.



Das Parteiprogramm der Wiener SPÖ liest sich wie das einer Oppositionspartei. Immerhin war es die SPÖ, die den Unternehmer_innen genau jene Belastungen aufgebrummt hat, unter denen die Wiener Wirtschaft zu leiden hat - wie z.B. die U-Bahnsteuer. Wenn Häupl jetzt von einer Entlastung spricht, ist das eine Chuzpe (Beate Meinl-Reisnger). Ähnlich dreist ist es auch, wenn die SPÖ nach 70 Jahren Drüberfahrerpolitik in Wien jetzt plötzlich von Bürgerbeteiligung spricht. Oder die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte fordert.
Als die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte in Wien im Frühling im Parlament gefordert wurde, hat die SPÖ sie abgelehnt. Aber schön, wenn es jetzt einen Sinneswandel gibt - auch anderen Forderungen, wie zum Beispiel die Halbierung der Parteienförderung, die Abschaffung der Bezirksvorsteher-Stellvertreter zu unterstützen. Aber halt - dabei würde die SPÖ ja Geld und Versorgungsposten für ihre Funktionäre verlieren. Das zeigt eindeutig die Alibipolitik der SPÖ: Reformen nur dort, wo sie den eigenen Freunderln nicht wehtun!
Bezeichnend sei hingegen der Zugang der SPÖ Wien zur Generationengerechtigkeit: Da geht es nur um Vorteile für Pensionisten, die Jungen werden nicht einmal erwähnt. Erst vor kurzem hat Häupl die Pensionsprivilegien für die Spitzenverdiener im Magistrat der Stadt Wien bis 2042 verlängert. Ein Bildungsplan, in dem Gratis-WLAN in den Wiener Bädern die griffigste Forderung ist, kann nicht Häupls Ernst sein. Die riesigen Probleme, die in den Wiener Schulen offensichtlich sind, werden nicht einmal angetastet. Wir gehen in den Schulen analog in die digitale Zukunft, ein Fünftel der Pflichtschüler kann nicht ausreichend Lesen und Schreiben, ein Drittel nicht ausreichend Rechnen. Diese Jugendliche gehen direkt ans AMS. Eine verlorene Generation, und das rote Wien tut nichts dagegen.
Für Zahlen hat Bürgermeister Häupl offenbar ka G'spür, wenn er laut APA 1,5 Mio. Menschen in Wien wohnhaft wähnt. Nachdem es aber schon über 1,8 Mio. sind, dürfte er wohl Dienstag zu Mittag zum Zählen aufgehört haben. Aber immerhin hat er sich selbst - zumindest bei der Ankündigung - von anfangs 120 neuen Gemeindewohnungen auf 2.000 pro Jahr rauf lizitiert.
Gratis-WLAN, wie es in anderen europäischen Großstädten selbst in den öffentlichen Verkehrsmitteln seit Jahren Standard ist, als Neuerfindung des Rades darzustellen, kann wohl nur im bunkerartig von der Öffentlichkeit abgeschotteten "War Room" einer fremdelnden Partei im Niedergang passieren.
Es ist een Wahlkampf und der wähler möchte wieder einmal betrogen werden, wie schon so oft davor. Helfen kann man ihm nicht, der Wahlzettel entscheidet. Daruma uch die Haltung von Häupl: Ich were meine Haltung nicht aufgeben. Ich auch nicht und ich hoffe, dass mir viele Wiener_innen folgen werden.



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