Die Master des Unterganges. Noch lächeln sie. ist das Unwissen? oder Dummheit?
Die Grabenkämpfe in der Wiener SPÖ eskalieren. Am Montag forderte Christian Deutsch, einst glückloser Parteimanager für Michael Häupl, via Kronen Zeitung den Bürgermeister auf, endlich seine Nachfolge zu regeln. Sein Nachsatz "Häupl leistete Großes für die Stadt" klang dabei nicht zufällig wie ein Nachruf.
Am Dienstag legte Simmerings Bezirksparteiobmann Harald Troch im Gespräch mit dem KURIER nach. "Es müssen jetzt die Weichen für Wien gestellt werden. Politisch wie personell", sagt Troch. Denn es sei höchst an der Zeit. "Wir brauchen eine personelle Neuaufstellung in den Ressorts Gesundheit, Finanzen und Integration", fordert Troch – und kritisiert damit die bisherige Arbeit der Stadträtinnen Sonja Wehsely, Renate Brauner und Sandra Frauenberger scharf. Vor allem im Bereich Integration habe man viele ungelöste Probleme. "Es gibt eine hohe Unzufriedenheit in der Parteibasis und der Bevölkerung mit der Arbeit der genannten Stadträtinnen", sagt Troch.
Zweikampf
Während Bürgermeister Michael Häupl mit seinem Londoner Amtskollegen Sadiq Khan parlierte und Landesparteisekretärin Sybille Straubinger ihren Jetlag vom Trip zu den US-Wahlen pflegte, braute sich Montag in Wien Ungemach für die SPÖ-Spitze zusammen. Es ist der bisherige Höhepunkt eines Zweikampfs, der seit mehr als einem Jahr die Partei in Atem hält. Auf der einen Seite steht Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Favorit der Flächenbezirke, die immer vor dem unkontrollierten Zuzug gewarnt haben. Auf der anderen Seite Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, die sich als Kandidatin der Innenstadtbezirke herauskristallisiert hat und für die "Willkommenskultur" steht. Beiden werden große Ambitionen auf das höchste Amt der Stadt nachgesagt.
Bei einer Präsidiumssitzung am Donnerstag und vor allem beim auf den Montag verschobenen Parteivorstand werden die Vertreter einer besonderen WhatsApp-Gruppe aufstehen: „Die Mehrheit“, in der längst nicht „nur“ mehr Vertreter aus Liesing, Favoriten, Simmering, Donaustadt und Floridsdorf mitmachen, koordiniert einen Frontalangriff auf die „roten Dauerbaustellen wie Kindergärten, Mindestsicherung und Spitäler“ und will „einen tabulosen Diskurs über die Orientierung der SPÖ Wien“ führen, wie Barbara Nowak erklärt. Die Querelen begannen kurz nach der Wahl, als Sonja Wehsely versuchte, das schlechte Wahlergebnis in Floridsdorf auszunutzen und Ludwig intern anschwärzte. Dann jedoch verlor Wehsely als Bezirkschefin im zweiten Wahlgang ihren Heimatbezirk Leopoldstadt an die Grünen.
Die Gegenseite blies daraufhin zum Angriff. Im September griff Donaustadts Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy die Flüchtlingspolitik von Sonja Wehsely frontal an. „Debatte im Dezember“. Worüber sich die „Baustellen-Stadträtinnen“ wie Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger Sorgen machen sollten: Die Gemeinderätin Nowak ist nicht etwa aus einem der traditionellen Arbeiterbezirke – sie ist die Vorsitzende im konservativen Döbling. Und sie spricht stellvertretend für die roten Revoluzzer, die längst praktisch in allen Bezirksorganisationen Vertrauensleute haben: „Wir wollen endlich ernst genommen werden. Es geht uns darum, dass wir noch heuer – am besten bei einer ausführlichen Tagung im Dezember –, statt in den üblichen Weihnachtsfrieden zu verfallen, eine offene Diskussion über die wahren Probleme der SPÖ führen.“
In einer eilig einberufenen Sondersitzung des Parteivorstands sprach Häupl ein Machtwort und beendete offiziell die Personaldebatte. Man werde die Kommunikation mit der Öffentlichkeit in Zukunft strenger handhaben, versprach Häupl damals. Schon länger versucht Häupl nun in Vier-Augen-Gesprächen die Probleme und Sorgen der Bezirkschefs auszuloten. Geholfen hat es nichts.
In einer eilig einberufenen Sondersitzung des Parteivorstands sprach Häupl ein Machtwort und beendete offiziell die Personaldebatte. Man werde die Kommunikation mit der Öffentlichkeit in Zukunft strenger handhaben, versprach Häupl damals. Schon länger versucht Häupl nun in Vier-Augen-Gesprächen die Probleme und Sorgen der Bezirkschefs auszuloten. Geholfen hat es nichts.
Sitzungsmarathon
Seit Dienstagvormittag wird in mehreren internen Sitzungen beraten, wie mit der neuerlichen Eskalation umgegangen werden soll. Spätestens am Donnerstag wird sich Bürgermeister Michael Häupl jedoch zu Wort melden müssen, da am Vormittag das Präsidium tagt. Der große Showdown wird am Montag bei der Sitzung des Parteivorstands erwartet, bei dem die 70 wichtigsten Funktionäre der Partei zusammenkommen. Im wichtigsten Gremium der SPÖ dominiert der linke Flügel der SPÖ – nicht zuletzt weil Teilorganisationen wie die SPÖ-Frauen, die Jugend und SPÖ-Gewerkschafter vertreten sind.
"Sie glauben, sie haben die Mehrheit in den Gremien, aber in den Bezirken schaut es anders aus", sagt hingegen ein Vertreter der Außenbezirke. So hat zuletzt etwa auch das konservative Döbling die Forderungen der Flächenbezirke unterstützt. Diese fühlen sich von Häupl auch zu wenig wertgeschätzt. "Der Bürgermeister ist inhaltlich wenig präsent und praktisch nie in den Außenbezirken anzutreffen", moniert ein roter Bezirkspolitiker. Bei der Wahl in der Leopoldstadt habe die gesamte SPÖ Wien für den Bezirk wahlgekämpft, gewonnen hätten dennoch die Grünen. "Als Simmering und Floridsdorf verloren haben, hat man das sofort der Bezirksparteispitze umgehängt", sagt der Bezirkspolitiker. In der Leopoldstadt sei die Bezirksparteivorsitzende Sonja Wehsely dagegen nicht hinterfragt worden.
Einige Rote aus den Flächenbezirken dürften auch die Demontage des einstigen Bundeskanzlers Werner Faymann noch nicht vergessen haben. Am 1. Mai wurde der Kanzler von großen Teilen der eigenen Partei gnadenlos ausgebuht. Wenig später war er Geschichte. "Das war ganz klar im Vorfeld organisiert. Wenn das die Identitären gemacht hätten, hätten wir sie mit einem nassen Fetzen davon gejagt", sagt ein gewichtiger Vertreter der Außenbezirke. "Es ist einfach zu viel passiert, mit dem sich viele in der Partei nicht identifizieren können."
Absurde Angriffe
Häupls Ex-Parteimanager Deutsch kritisiert den Bürgermeister und fordert ihn öffentlich zur Regelung seiner Nachfolge auf. Die nächste Stufe im Flügelkampf ist erreicht.
"Wir versuchen jeden Tag, miteinander für die Stadt zu arbeiten", sagt hingegen ein roter Spitzenfunktionär. "Das sind absurde Angriffe von persönlich frustrierten Personen – aber ganz sicher nicht die Mehrheit in der SPÖ", kontert der Funktionär die Vorwürfe von Christian Deutsch. Man könne sich aber ruhig die Frage stellen, warum die SPÖ gerade in Floridsdorf und Simmering so viele Stimmen verloren habe. "Die Leute sollten sich besser um ihre Bezirke kümmern, anstatt ständig andere anzupatzen." Deutsch, der aus Liesing, dem Heimatbezirk von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann und Nationalsratspräsidentin Doris Bures kommt, und auch als deren Vertrauter gilt, legte sogar nach – und forderte von Häupl rasche Reformen ein: „Einer der wichtigsten Punkte wird sein: die Nachfolge des Bürgermeisters“, ließ der SPÖ-Politiker aufhorchen: „Die Klärung dieser Nachfolge ist doch keine Majestätsbeleidigung, Michael Häupl leistete Großes für diese Stadt.“
Kompromisskandidat
Wer aus dem aktuellen Streit als Sieger hervor geht, ist derzeit nicht abzusehen. "Alle, die im Vorfeld genannt werden, werden es in der Regel nicht", sagt ein altgedienter Funktionär.
So manch einer spekuliert bereits, dass sich die zwei Kandidaten Wehsely und Ludwig gegenseitig so stark beschädigen, dass der Weg für einen Kompromisskandidat offen wäre – den Häupl wiederum bestimmen könnte. Der Bürgermeister hätte so bis zum Schluss die Zügel in der Hand.
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