Nur ein Zufall? Just an dem Wochenende, an dem
Wolfgang Schüssel seinen 70.Geburtstag feiert, holen die Sozialdemokraten nach,
was er einst begonnen hat: die Freiheitlichen in die Regierung und somit in die
Verantwortung. Die von ihm vollzogene viel zitierte Wende politisierte das
Land, hieß es damals immer wieder. Tatsächlich demonstrierte die eine Hälfte
des Landes gegen die schwarz-blaue Regierung, während sich die andere trotzig
gegen Hysterie und absurde Sanktionen der EU-Partner stemmte.
14 Jahre später
läutete ausgerechnet das sonnige und harmlose Burgenland nun die
Entpolitisierung ein. Offiziell warf Landeshauptmann Hans Niessl die
SPÖ-Festlegung, mit der FPÖ nicht zu koalieren, über Bord. Er brauchte dafür
gerade einmal drei Tage. Der Verdacht, dass es sowohl ihm als auch den
FPÖ-Mannen nur um Posten und Macht und weniger um Inhalte ging, liegt nahe. Ab
sofort weiß jeder Wähler: Ganz egal, wer was wann wie gesagt hat, am Ende geht
es nur darum, oben zu bleiben. Überzeugungen oder inhaltliche Politik werden
mit den dazugehörigen Plakatständern auf die Seite geräumt, wenn die Stimmen
einmal abgegeben sind. Werner Faymann distanziert sich zwar halbherzig von
Eisenstadt. Mit den Burgenland-Natives Norbert Darabos und vor allem Josef
Ostermayer hätte er das Zustandekommen des rot-blauen Pakts wohl verhindern
können. So führungsschwach schätzt ihn nicht einmal diese Zeitung ein. Nein,
Faymann hat seine letzten Überzeugungen aufgegeben, um ja kein Bundesland zu
verlieren. Denn offenbar hatte Niessl wirklich gefürchtet, eine rechte
Koalition könnte ihn aus dem Landhaus drängen. Mit einer solchen Angst gibt es
keine Tabus mehr, auch keine Parteitagsbeschlüsse. Parteitage hält Faymann
ohnehin für überbewertet.
Ab sofort schließen
nur die Grünen explizit eine Koalition mit der FPÖ aus. Allerdings sagten sie
das auch schon einmal über die ÖVP. Und politisch und inhaltlich fällt der
kleinen Oppositionspartei dieser Tage auch wenig ein. Angesichts der rot-blauen
Annäherung und ihrer heftigen Kritiker ging vergangene Woche gerechterweise ein
Ereignis fast unter, das zur geschilderten Entpolitisierung passt. ÖVP-Klubchef
Reinhold Lopatka hat tatsächlich zwei Mandatare des sinkenden Schiffs, genannt
Team Stronach, in den ÖVP-Klub geholt: Georg Vetter, ein kluger Anwalt, und
Marcus Franz, ein nicht ganz so kluger Arzt, wurden über Nacht eingemeindet.
Hallo? Wie geht das? Vorher mit Frank Stronach die Witwen retten und für den
kleinen Mann kämpfen und heute für Steuerreform, Beamte und EU-Solidarität
stimmen? Fehlt nur noch, dass der erste Neos-Mandatar kalte Füße bekommt und in
die alte Heimat zurückkehrt.
Es ist nicht klar, ob
es Jörg Haider oder Andreas Khol war, der den Begriff der ideologischen
Flachwurzler angesichts des jungen, schönen Karl-Heinz Grasser erfunden hat.
Fest steht auf jeden Fall, dass deren Zahl eher zu- als abnimmt. Egal, ob in
Eisenstadt oder im einst altehrwürdigen ÖVP-Klub: Das politische Österreich
scheint die Politikintrigenserie „House of Cards“ zu spielen. Nur leider als
sehr billiges, sehr regionales Remake mit entsprechendem C-Ensemble.
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