Freitag, 15. Januar 2016

Wien und die Obdachlosen

    Viele, die am freien Markt auf der Strecke bleiben, sind auch oft vom geförderten Wohnbau ausgeschlossen, beklagt man bei der Wohnungslosenhilfe. Deswegen sollten die Zugangskriterien gelockert werden, so die Forderung.
Der "Verband Wiener Wohnungslosenhilfe" hat am Montag zum ersten Mal einen Situationsbericht über die Wohnungslage in Wien präsentiert. Das Ergebnis: Immer mehr Menschen sind in Wien von Wohnungslosigkeit bedroht. Die Betroffenen können sich die Preise am freien Markt - die zuletzt deutlich angestiegen sind - nicht mehr leisten. In dem Bericht werden nun Lösungsvorschläge skizziert. Die Forderungen richten sich vor allem an die Politik.
Derzeit kümmert sich der Verband um etwa 10.000 Personen. Der Verband besteht aus 23 Hilfsorganisationen, darunter Volkshilfe, Kolping Österreich, dem Wiener Hilfswerk und dem Roten Kreuz. Sie arbeiten mit dem Fonds Soziales Wien zusammen, um Menschen ohne Wohnung wieder ein eigenes Dach über dem Kopf zu ermöglichen. Der Geschäftsführer der Volkshilfe und derzeitige Vorsitzende der Wiener Wohnungslosenhilfe, Walter Kiss, gibt zu bedenken, dass seit der Jahrtausendwende die Kosten für Wohnraum in Wien um 15 Prozent angestiegen sind. Kiss betont, dass viele, die am freien Markt auf der Strecke bleiben, auch oftmals vom geförderten Wohnbau ausgeschlossen sind. Daher richtet sich der Appell an das Rathaus, dringend die Zugangskriterien für Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen zu lockern. Vor allem Genossenschaftswohnungen seien für ärmere Menschen oft unerschwinglich, da sie die hohen Eigenmittelanteile für die Objekte nicht aufbringen können. Der Baukostenbeitrag, den Mieter beim Einzug für ihre Wohnung zahlen müssen, kann leicht mehrere hundert Euro pro Quadratemeter Nutzfläche betragen, wie die Arbeiterkammer Wien in ihrer aktuellsten Broschüre zu Genossenschaftswohnungen vorrechnet. Im Fall der Gemeindewohnungen wurden die zuletzt verschärften Bezugsvoraussetzungen kritisiert. Unter anderem wird bevorzugt, wer sich schon länger in Wien aufhält. Im Büro des Wohnbaustadtrats Michael Ludwig verweist man darauf, dass Schlupflöcher bei der Wohnungsvergabe geschlossen wurden. Beispielsweise im Fall sogenannter "Trampolinwohnungen" - also Wohnungen, in denen mehrere nicht miteinander Verwandte Personen in einer zu kleinen Wohnung gemeldet sind, um sich wegen Überbelegung die Vormerkung auf eine Gemeindewohnung zu sichern. Um dem entgegenzuwirken, gilt diese Regelung nur noch für den engeren Familienkreis.

Dass durch das Ende der Kältehilfe mehr Obdachlose in den Wiener Parks übernachten werden, kann sich Hacker nicht vorstellen. Die Kältehilfe nutzt vor allem in Wien lebenden Obdachlosen aus dem EU-Raum oder anderen österreichischen Bundesländern, für die die Wohnungslosenhilfe der Stadt Wien nicht zuständig ist. "Um die Situation der Obdachlosen aus anderen Bundesländern zu lösen, braucht es dringend eine Art des Finanzausgleichs", sagt Schwertner. Durch die Unterstützung bekommen Obdachlose über den Winter einen Platz in einer Notschlafstelle. Einlass ist jeden Tag um 19 Uhr. Es gibt Essen und Aufwärmmöglichkeiten. Um sechs Uhr werden die Besucher geweckt, eine Stunde später verlassen sie das Quartier. "Die Winterhilfeplätze haben das Ziel, zu verhindern, dass Menschen auf den Straßen erfrieren", sagt Hacker. Die normale Obdachlosenhilfe solle Menschen wieder fähig machen, eine Wohnung zu finden. - derstandard.at/2000015063840/Wiener-Notquartiere-fuer-500-Obdachlose-schliessen. Wien gibt jährlich 60 Millionen Euro für die Obdachlosenhilfe aus, "das ist im internationalen Vergleich vorbildlich", sagt Hacker. Um auf die Situation der Obdachlosen hinzuweisen, lädt die Obdachlosenzeitschrift "Augustin" am Donnerstag zum "Solischlafen im Stadtpark". Hacker ist von der Aktion wenig begeistert: "Die Probeübernachtungsaktion im Stadtpark ist politisch unerträglich." Neben Sozialorganisationen rufen etwa auch die grüne Gemeinderätin Birgit Hebein oder der Kabarettist Gerald Fleischhacker zur Übernachtung im Park auf.

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