Samstag, 2. August 2014

Bleibt uns Faymann erhalten? Wohl kaum.

Zwei Kriege mit geopolitischem Risiko für Europa erinnern daran, wie irrelevant österreichische Innenpolitik ist. Oder anders: Diese Kriege zeigen uns deutlich, wie kleinlich, wie absurd, wie traurig diese politische Lähmung und gegenseitige Blockade in Österreich sind. Nicht einmal überzeugte Anhänger von SPÖ und ÖVP glauben dieser Tage daran, dass diese Regierung halten kann. Zumindest nicht in dieser Konstellation. Kein Tag vergeht, keine Debatte verstreicht, ohne dass sich SPÖ- und ÖVP-Minister bzw. deren Sekretäre gegenseitig angreifen, sich legen oder zumindest einander ausrichten. Wobei letztere Beschäftigung auch zwischen Ministern derselben Couleur beliebt ist. Und immer wieder wird ein Szenario angesprochen: Werner Faymann und Michael Spindelegger könnten in diesem Herbst abtreten, neuen Köpfen Platz machen und so den Weg für einen Neuanfang und ein Ende der Blockade freigeben müssen.
Die rot-schwarze Koalition von Werner Faymann und Michael Spindelegger steckt seit Dienstantritt Ende 2013 im Popularitätstief. Der Dauerstreit um Budgetlöcher oder die Steuerreform reißt nicht ab. In der Sonntagsfrage hat Unique Research für "profil" die SPÖ nur noch bei 24 Prozent, die ÖVP bei 21 Prozent gemessen – beide weit hinter der FPÖ mit 28 Prozent.
Der Zustand dieser Koalition ist katastrophal. Wenn nicht der August ein leichtes Einlenken bringt, dann sehe ich das Ablaufdatum der Regierung Ende 2015. Denn 2015 finden vier Landtagswahlen statt. Deren Ausgang wirke auch auf den Bund. Faymann (SP) müsse viel stärker zeigen, dass er Kanzler ist, und die ÖVP dürfe Reformen nicht ablehnen, ohne ein eigenes Konzept vorzulegen.

Es war einfach Pech. Eine kleine Unachtsamkeit. So etwas kann passieren, wenn man im Stress ist. Allerdings sollte es nicht passieren, schon gar nicht dem Finanzminister. Vor Kurzem hatte Michael Spindelegger zum Rundumschlag gegen die Österreichischen Bundesbahnen ausgeholt. Dringend nötige Reformen gingen zu langsam, das Unternehmen verschlinge zu viel Geld. Allein im laufenden Jahr müsse der Staat unfassbare 5,3 Milliarden Euro zuschießen, klagte Spindelegger. Eineinhalb Tage und eine Recherche im eigenen Büro später ruderte der Vizekanzler zurück. Leider habe man eine Zeile im Excel-Sheet doppelt gezählt. Die Bahn wird heuer 4,7 Milliarden Euro kosten – also auch ganz schön viel, aber doch um die Kleinigkeit von 600 Millionen Euro weniger. Seither schweigt die ÖVP zum Thema ÖBB. Eine Blamage pro Monat genügt. Der Name Kern fällt derzeit mit Abstand am häufigsten, wenn darüber diskutiert wird, wer Bundeskanzler Werner Faymann eines Tages nachfolgen könnte. Allzu groß ist das Reservoir an Nachwuchshoffnungen in der Sozialdemokratie nicht. Von der ÖBB-Zentrale direkt ins Bundeskanzleramt. Christian Kern, 48 Jahre alt und seit 2010 Chef der ÖBB-Holding. Kern war der Adressat von Spindeleggers Attacken gewesen, und er hatte sich auch pflichtschuldig gewehrt. 

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