Mit
der 500-Euro-Banknote wird zwar nicht die Kriminalität verschwinden,
aber die Enteignung der Sparer noch wirkungsvoller werden.
Christian
Ortner (Die Presse)
Es
war ein bemerkenswerter und aufschlussreicher Moment, als
Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) im herbstlichen Wiener Wahlkampf
vor laufender Kamera einer privaten Fernsehstation in die Tasche
seines Sakkos griff, um etwas Geld herauszunehmen, aber irrtümlich
plötzlich ein weißes, mit Banknoten – darunter auch in der
Denomination 500 Euro – gefülltes Kuvert in der Hand hatte. Was
man als sozialdemokratischer Spitzenpolitiker halt so bei sich hat.
Eine anmutige Demonstration satten Wohlstandes. Und eine für das
Milieu des Bürgermeisters überraschende Affinität zum Baren, die
in dieser Form wohl bald nicht mehr möglich sein wird.
Denn
die Europäische Zentralbank (EZB) wird wohl demnächst die violetten
500-Euro-Banknoten aus dem Verkehr ziehen, weniger aus eigenem
Antrieb der angeblich so unabhängigen Notenbank (sonst hätte sie
diesen Schein ja nicht eingeführt), sondern eher auf Druck der
Regierungen der Eurozone.
Den
meisten Österreicherinnen und Österreichern, die nicht zufällig
grad Wiener Bürgermeister sind, wird das vermutlich völlig egal
sein. Die Bezieher durchschnittlicher Einkommen sind ja eher selten
in der Verlegenheit, mit dem violetten Schein zu zahlen. Denen wird
nach dem Ende des 500ers auch nichts abgehen.
Ziemlich
bedenklich ist die Abschaffung dieser Banknote trotzdem. Denn die
Behauptung der europäischen Regierungen, es ginge um die Bekämpfung
der Kriminalität und des Terrors, ist offensichtlich nur ein
ziemlich durchsichtiges Täuschungsmanöver, um die tatsächlichen
Gründe für diesen Schritt zu vernebeln.
Wie
wenig der gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und andere Delikte
hilft, könnten die Verantwortlichen der EZB mittels einer kurzen
Studienreise in die USA ganz leicht feststellen. Dort wird seit
Jahrzehnten der 100-Dollar-Schein als größte Banknote ausgegeben,
was bekanntlich nicht wirklich zu einem Verschwinden jener
Kriminalität geführt hat, um die es angeblich geht. (Ganz abgesehen
davon, dass sich Gauner nach dem Ende des 500ers ja jederzeit des
eleganten schweizerischen 1000-Franken-Scheins bedienen können, der
mehr als 900 Euro wert ist – und von dem weltweit mehr als 30
Millionen Exemplare im Umlauf sind.)
Warum
dann das Ganze, wenn die Kriminalität damit ganz offenkundig nicht
bekämpft werden kann? Dass sich ein biederer Gebrauchtwagenkäufer
künftig halt ein Bündel der gelben 200er von der Bank holen muss,
ist ja noch nicht eben ein zivilisatorischer Fortschritt.
Zu
befürchten ist eher, und das geht auch all jene Österreicher an,
die meinen, von dieser Causa nicht betroffen zu sein: Für die EZB
ist das Verbot der großen Scheine ein Hilfsmittel, um die Enteignung
aller Geldhalter mittels Negativzinsen noch effizienter durchführen
zu können.
Denn
solange Sparer, aber auch Finanzinstitutionen die Möglichkeit haben,
Geld in Form von Barem im Safe oder der Schreibtischlade zu
verwahren, ist es nicht so einfach, Negativzinsen auf Einlagen
durchzusetzen, wie das die EZB schon jetzt gegenüber den Banken
handhabt. Doch je unpraktischer es wird, große Bargeldbeträge
physisch aufzubewahren, um so weniger können die unseligen
Geldbesitzer den Negativzinsen entkommen. Die „finanzielle
Repression“, wie das in Fachkreisen heißt, beißt dann noch
unerbittlicher zu.
Dazu
kommt, dass ein Verbot größerer Scheine auch ein Schritt in
Richtung auf Abschaffung oder zumindest weitgehendes Zurückdrängen
jeglicher Arten von Bargeld geht. Dieses gilt ja den meisten
Regierungen Europas mittlerweile als eine Art Widerstandsnest im
Kampf um die so dringend notwendige totale und allumfassende
Kontrolle des Bürgers, um ihn endlich umfassend und alternativlos
vor sich selbst, seinen gesellschaftlich unerwünschten
Verhaltensformen beschützen zu können. Natürlich zu seinem Besten.
Der
500-Euro-Schein wird, wenn er demnächst abgeschafft werden wird,
kaum jemandem abgehen. Die Freiheiten, die in der Folge sukzessive
verloren gehen werden, hingegen schon, und nicht nur dem Wiener
Bürgermeister.
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