Samstag, 26. März 2016

"Sicherheitsbürger" statt Bürgerwehren

Wien/Graz/Eisenstadt. (rei) Ein "kostenloses Paintballspiel für Jugendliche" bewirbt die selbst ernannte Bürgerwehr Wien/Wien Umgebung in einem Video auf ihrer Facebook-Seite. "Urbaner Stadtkampf ist die neue Form der Kriegsführung im 21. Jahrhundert und schreckt nicht vor unseren Städten zurück!", ist dort zu lesen. Das Paintball-Spielen (ein Nahkampf-Spiel mit Waffen, die Leuchtkugeln verschießen) soll Interessierten "Trainingsmöglichkeiten" bieten, um "im Falle eines europaweit koordinierten Anschlags des IS nicht unvorbereitet zu sein", so die Betreiber der Facebook-Seite. Die Terroranschläge in Frankreich und Belgien aber auch die Flüchtlingsbewegungen scheinen das subjektive Sicherheitsgefühl der Österreicher erheblich herabzusetzen.
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Das bedeutet nichts anderes, als das der Nachbar den Nachbar überwacht. Nennt man so etwas noch Demokratie? An wen erinnert das? Ganz genau – an den, an den wir uns nicht gerne erinnern wollen, aber immer müssen.
Dem Trend zu privaten Bürgerwehren (die "Wiener Zeitung" berichtete) kann man in der Exekutive wenig Positives abgewinnen, stellen doch die selbst ernannten Sicherheitswächter das Gewaltmonopol der Polizei infrage. Um mehr Sicherheit zu vermitteln und das Vertrauen in die Arbeit der Exekutive zu stärken, startet das Innenministerium nun eine "Community Policing" Initiative. Dabei sollen Bürger an ihren jeweiligen Wohnorten in die Arbeit der Polizei eingebunden werden. Das Projekt "Gemeinsam sicher" sieht pro Gemeinde einen "Sicherheitsgemeinderat" vor, der gewählt oder vom Bürgermeister bestimmt werden und in Sicherheitsfragen als Schnittstelle zwischen Gemeinde und Bevölkerung fungieren soll.
Auf Bezirksebene sollen "Community-Polizisten" sowie "Community-Referenten" für besorgte Bürger als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Kern des Projekts ist aber die Möglichkeit für Einzelpersonen, sich als "Sicherheitsbürger" freiwillig für eine Zusammenarbeit mit der Exekutive zu melden. Im Anlassfall können diese Personen als Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung arbeiten, indem sie etwa Informationen weiterleiten. Exekutive Befugnisse werde es aber für die "Sicherheitsbürger" keinesfalls geben, betont Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Mitmachen könne aber jeder.
Pilotprojekte starten im April
Dass die Funktion der "Sicherheitsbürger" vor allem Nachbarschafts-Querulanten und Denunzianten anziehen könnte, glaubt Kogler nicht: "Die Erfahrung zeigt, dass das Engagement dieser Personen schnell sinkt, wenn sie wirklich in die Arbeit eingebunden werden." Dass man mit dem Projekt vor allem den privaten Bürgerwehren das Wasser abgraben möchte, stellt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums (BMI), in Abrede. Die Planungen würden bereits seit zwei Jahren laufen. Das Phänomen Bürgerwehren sei jedoch ein Symptom für das vermehrte Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, so Grundböck. Dem wolle man mit der Einbindung der Bürger in die Polizeiarbeit Rechnung tragen.

Anfang April wird "Gemeinsam sicher" mit vier Pilotprojekten in den Bezirken Schärding, Mödling sowie in Teilen von Graz und in Eisenstadt starten. Insgesamt werden 26 "Community-Polizisten" und vier "Community-Referenten" im Einsatz sein. Laut Innenministerium soll das Projekt wissenschaftlich begleitet werden. "Sicherheitsbürger" werden noch gesucht.

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