Sonntag, 8. März 2015

Der Wahlkampf hat begonnen


Als bislang letzter Wiener Gemeindebau wurde 2004 das Haus Rößlergasse 15 in Liesing fertiggestellt. Mit 220.000 Gemeindewohnungen bezeichnet sich die Stadt Wien gern als „größte Hausverwaltung“ Europas: In 1800 Häusern lebt eine halbe Million Menschen – und somit jeder vierte Wiener.

Die Miete in den neuen Wohnungen wird maximal 7,50 Euro Brutto pro Quadratmeter kosten. Einen Eigenmittelbetrag wird es nicht geben, wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig erklärte. Voraussetzung für die Umsetzung ist das Gelingen eines Pilotversuchs. Der wird am ehemaligen AUA-Gelände in der Fontanastraße 1 in Oberlaa stattfinden, wo 120 Wohnungen projektiert sind. Gibt es grünes Licht für eine Fortsetzung, wird in den kommenden fünf Jahren jede zehnte geförderte Wohnung eine Gemeindewohnung sein.

Für den Bau der Gemeindewohnungen wird allerdings eine eigene Errichtungsgesellschaft gegründet, an der die über die Wien Holding zur Stadt Wien gehörende Gesiba (Gemeinnützige Siedlungs- und Bau AG) mit 51 Prozent sowie Wiener Wohnen (49) beteiligt sind.

Die Vergabe erfolgt per Vormerkscheinen über Wiener Wohnen. Ludwig kann aber durchaus vorstellen, dass in Zukunft auch andere Wohnbauträger zum Zug kommen könnten.

 Es darf angenommen werden, dass das Pilotprojekt nicht funktionieren wird. Ludwig sagt etwas, dass er am Ende des Tages wieder ganz einfach zurücknehmen kann. Da ist nichts dahinter. FPÖ und ÖVP orteten "Wahlkampfschmähs" und "Blendgranaten". Die Grünen freuten sich über die Ankündigung in Sachen Gemeindebau. Jedoch: Die bis zu 2.000 in Aussicht gestellten neuen Einheiten sind dem Koalitionspartner eher zu wenig.

Experten vermuten im SPÖ-Vorstoß einen Etikettenschwindel. Denn die Gesiba baut seit vielen Jahren geförderte Wohnungen. Andererseits gibt es seit 2012 das von Ludwig ins Leben gerufene Smart-Wohnbauprogramm der Stadt, das kostengünstige Wohnungen für Jungfamilien, Paare und Singles anbietet. Die Vergabe dieser geförderten Wohnungen erfolgt nach denselben Kriterien wie Wiener Gemeindewohnungen.

Die Maximalmieten (7,50 Euro pro Quadratmeter) sind beim Smart-Wohnbau sowie bei den künftigen Gemeindebauten gleich niedrig. Allerdings müsse bei Gemeindewohnungen ein "dringender Wohnbedarf" gegeben sein, pocht Ludwig auf die Unterschiede. Zudem müssten Mieter bei Gemeindewohnungen keinen Eigenmittelbetrag zahlen. Bei Smart-Wohnungen beträgt dieser maximal 60 Euro pro m2. Bei einer Gemeindewohnung würde sich ein Mieter einer 50-m2-Wohnung also bis zu 3000 Euro ersparen.

Der 1930 eröffnete Karl-Marx-Hof ist bis heute das wohl bekannteste Aushängeschild des kommunalen Wohnbaus in Wien. Heute gibt es in der Bundeshauptstadt mehr als 2.000 Gemeindebauten mit 220.000 Wohnungen, die knapp 500.000 Wiener beherbergen. Das entspricht knapp einem Drittel der Einwohner. Nach dem Aus 2004 will die Stadt - im Hinblick auf die heurige Wahl - nun wieder Gemeindewohnungen bauen.

Gehaltsgrenze Gemeindebau: 3.140,71 Euro netto

Verstreut über alle 23 Bezirke bieten die Gemeindebauten vergleichsweise günstigen Wohnraum an. Er beträgt laut Rathaus durchschnittlich 6,28 Euro pro Quadratmeter inklusive Betriebskosten. Am privaten Sektor reicht die Spanne von 9,86 bis 17,07 Euro pro Quadratmeter. Um Anspruch auf einen Platz im Gemeindebau zu haben, darf man gewisse Gehaltsgrenzen nicht überspringen. Sie liegen für einen Ein-Personen-Haushalt derzeit bei 3.140,71 Euro netto im Monat (14 mal im Jahr), für einen Zwei-Personen-Haushalt bei 4,680,71 Euro. War der preiswerte Wohnraum lange Zeit nur Inländern vorbehalten, dürfen seit fast einem Jahrzehnt auch Zuwanderer unter bestimmten Voraussetzungen in eine Gemeindewohnung ziehen.

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