Freitag, 30. Januar 2015

Zusammenfassung des 62. Wiener Gemeinderates vom 29. Jänner 2015


Heute, Donnerstag, hat der Wiener Gemeinderat zum 62. Mal in der laufenden Wahlperiode getagt. Begonnen hat die Sitzung wie üblich mit der Fragestunde. Die Anfragen der GemeinderätInnen hatten folgende Themen zum Inhalt: Wiens Frankenkredite, die Tätigkeit der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft, das Otto-Wagner-Areal, Förderungen im Kunst- und Kulturbereich sowie einen Stadtrechnungshofbericht über die Mobilitätsagentur. Die Anfragen beantworteten Bürgermeister Michael Häupl, Vizebürgermeisterinnen Renate Brauner und Maria Vassilakou, Jugendstadtrat Christian Oxonitsch sowie Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.

Aktuelle Stunde zum Thema „Wien braucht einen Sicherheitsstadtrat", eingebracht von der ÖVP

Die ÖVP forderte, dem Bereich Sicherheit höheren Stellenwert einzuräumen. Diesbezügliche Kompetenzen seien in Wien auf sechs politische Ressorts sowie die Magistratsdirektion aufgeteilt. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem Bund, der alle Blaulichtorganisationen im Innenministerium bündle, sei es nötig, betroffene Bereiche in ein Ressort zu fassen.
Die Grünen bescheinigten dem Thema „bereits Tradition im Gemeinderat“. Sicherheit sei ein hoher Wert, deshalb brauche es eine vertrauenswürdige Polizei. Die Exekutive benötige mehr Diversität - Männer und Frauen, Menschen die zugewandert seien. Zudem umfasse der Sicherheitsbegriff auch Bereiche wie Arbeit oder Kindergartenplätze.
Auch die FPÖ fordere „seit vielen Jahren“ die Einführung eines Sicherheits- und Ordnungsdienstes. Rot-Grün dürfe sich nicht aus der Verantwortung nehmen; die Freiheitlichen bezogen sich auf Personalkürzungen bei der Berufsrettung Wien und auf die Schließung von Feuerwehrwachen.
Die SPÖ erinnerte an die Vereinbarung der Stadt mit dem Innenministerium, wonach 1.000 zusätzliche Polizisten für Wien bis 2015 zugesagt worden seien - davon sei jedoch „nichts zu sehen“. Gerade die Stadt kümmere sich um die administrative Entlastung der Exekutive etwa bei Fundamt, Passamt und Parkraumbewirtschaftung. Außerdem habe Wien der Polizei notwendige Ausrüstungsgegenstände übergeben.

Hauptdebatte: Zusätzliche Mittel an die Wohnservice Wien GmbH

Die ÖVP meinte, die 7.200 im vergangenen Jahr übergebenen geförderten Wohnungen seien zu wenig – angesichts des städtischen Zuzuges seien 10.000 neue Wohnungen im Jahr erforderlich. Auch eine Mietrechtsnovelle werde steigende Wohnkosten nicht verhindern können, Gebührenerhöhungen seien etwa schuld an wachsenden Betriebskosten. Weiters forderte die ÖVP zusätzliche Flächenwidmungen für den Wohnbau.
Die Grünen meinten, nicht nur in Wien, sondern auch in München, Berlin und London gehe es um die Frage, qualitätsvollen Wohnbau auf leistbarem Niveau zu halten. Mit der Widmungssituation zeigten sie sich unzufrieden. Vor allem in ÖVP-dominierten Bezirken komme es in letzter Zeit vor, dass sich BürgerInneninitiativen gegen Umwidmungen aussprächen. Sie stellten fest, 46 Prozent der EinwohnerInnen in Wien lebten in einem Ein-Personen-Haushalt. Die FPÖ kritisierte den Modus der Wohnungsvergabe von Wiener Wohnen; jener Modus über die Anzahl der Vormerkungen solle transparent gemacht werden. Denn aus einem Quartalsbericht aus dem Jahr 2013 seien die angegebenen Zahlen über Vormerkungen nicht nachvollziehbar. Des Weiteren gebe es zu viele leerstehende Gemeindewohnungen. Das Argument, Wohnungen stünden deshalb länger leer, weil diese umgebaut werden müssten, ließen sie nicht gelten.
Die SPÖ versicherte, es gebe ausreichend Widmungen und auch künftig würde es genügend davon geben. Auch sie erwähnte BürgerInneninitiativen, die von der ÖVP instruiert worden seien, Widmungen von Grünland in Bauland zu verhindern. Wohnbau müsse und werde in Abstimmung mit der Bevölkerung möglich sein. Das Widmungsverfahren solle auf hohem Niveau unter Beachtung aller Pros und Kontras durchgeführt werden.
Abstimmung: Die Mittel an die Wohnservice Wien GmbH wurden mehrstimmig angenommen.

Dringliche Anfrage „Währungsspekulation im Franken“

Die FPÖ begründete ihre Anfrage damit, dass Finanzstadträtin Renate Brauner „jahrelang mit Steuergeldern spekuliert“ habe. So seien Wiens Schulden aufgrund der Frankenaufwertung jüngst um 300 Millionen Euro gestiegen; darunter habe auch Wiens Bonität gelitten. Konsequenzen seien Anstieg der Arbeitslosigkeit und höhere Gebühren.
Brauner antwortete: Seit 2011 nehme die Stadt Wien keine neuen Fremdwährungskredite mehr auf. Sie verwehrte sich gegen den Vorwurf, mit Franken-Geschäften spekuliert zu haben. Tatsächliche Frankenkredite der Vergangenheit hätten zu einer Ersparnis von 700 Millionen Euro geführt. Bonitätsverlust habe es jedenfalls keinen gegeben. Die aktuelle Liquidität der Stadt bezifferte Brauner mit 1,5 Milliarden Euro. Frankenkredite zum jetzigen Zeitpunkt in Euro zu konvertieren, betrachtete sie als wirtschaftlich unvernünftig.
Die ÖVP sprach von einem „Finanzdebakel“, welches die Grünen mit zu verantworten hätten. Die von Brauner angegebenen 700 Millionen Euro Ersparnisse seien zudem „längst aufgebraucht“. Die ÖVP forderte eine Konvertierung der städtischen Fremdwährungsfinanzierungen sowie die Umstellung der Wiener Buchführung auf die Doppik-Methode.
Die Grünen erinnerten daran, dass in den entsprechenden Finanzgremien die Opposition keineswegs zu einem sofortigen Ausstieg Wiens aus dem Franken geraten hätte. Wien dürfe nicht überhastet aus der jetzigen Finanzsituation aussteigen.
Die SPÖ meinte: Wichtige finanztechnische Begriffe würden von der Opposition bewusst falsch verwendet. Insbesondere bei der FPÖ bestehe der Verdacht, dass diese nur skandalisieren wolle. Die Stadt habe nicht spekuliert, sondern Zinsvorteile zugunsten wichtiger kommunaler Vorhaben genutzt. Ein sofortiger Ausstieg würde einen ebenso sofortigen Verlust von 300 Millionen Euro im laufenden Jahr bedeuten; dies sei schlichtweg unverantwortlich und unsinnig.
Ein Misstrauensantrag gegen Finanzstadträtin Brauner fand nicht die notwendige Mehrheit.

Weitere Debatten

Außerdem bestellte der Wiener Gemeinderat Dr. Peter Pollak einstimmig zum Stadtrechnungshofdirektor der Stadt Wien. Außerdem fanden u.a. folgende Anträge die Mehrheit: Mietvertrag zwischen Stadt Wien und Commerz Real Investment GmbH, Flächenwidmung im 22. Bezirk sowie Förderungen an diverse Frauenvereine und Vereine im Integrationswesen.
Die 62. Sitzung des Wiener Gemeinderates endete um 20.03 Uhr. Termine der nächsten Sitzungen von Gemeinderat und Landtag auf www.wien.gv.at/rk/ltgr/termine.html.
In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unterwww.wien.gv.at/infodat/ können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden, dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) esl

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