Dienstag, 9. Dezember 2014

Vergabeaffäre: Fernwärme-Prozess startet im März

Nun ist es fix: Auf mutmaßliche Malversationen bei Vergaben der Fernwärme Wien folgt ein Prozess. Die Wiener Stadtwerke fordern zwei Millionen € Schadenersatz.

WIEN. Es war ein langer Weg von dem Zeitpunkt, als der Stein ins Rollen kam, bis zum Prozess, aber im März nächsten Jahres ist es so weit. Die mutmaßliche Manipulation von Auftragsvergaben der Fernwärme Wien ist Gegenstand des Verfahrens am Straflandesgericht Wien. Die Wiener Stadtwerke sind dabei in der Rolle des Opfers: In Summe haben sich formal drei Unternehmen dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen, den kommunalen Unternehmen entstand durch vermutete Schiebereien bei Auftragsvergaben im Rohrleitungsbau ein Schaden von zwei Millionen €.
Bawag-Richter urteilt
Laut Gerichtssprecherin Christina Salzborn startet der Prozess am 2. März um zehn Uhr im großen Schwurgerichtssaal im Straflandesgericht. Angeklagt sind in Summe elf Personen-und auch vier Unternehmen (die insolvente T., B., Z. und I., Namen der Redaktion bekannt).Der Prozess soll nach derzeitigem Prozessprogramm über acht Verhandlungstage gehen-die Verhandlung leitet Richter Christian Böhm, der bereits den zweiten Bawag-Prozess zugeteilt bekommen hatte.
Verhandelt wird ein Aspekt der gesamten Causa Fernwärme. Es geht nicht um etwaige Kick-back-Zahlungen, sondern um "wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren"(§168b Strafgesetzbuch). Kern der Vorwürfe der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist laut Landesgericht die "Jahreskontrahentenausschreibung 2011 bis 2014",die abgesprochen gewesen sei. Wie berichtet sollen auch durch Mithilfe von Stadtwerke-Mitarbeitern Anbote weitergegeben worden seien, der Zuschlag sei ein abgekartetes Spiel gewesen.
Das bedeutet auch, dass-so die Vorwürfe stimmen-die Wiener Stadtwerke zu teuer eingekauft haben. Daher haben sich insgesamt drei Unternehmen aus dem Bereich der kommunalen Versorgungsbetriebe dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Zum einen die Wien Energie, die einen Schadensbetrag von zwei Millionen € über das strafgerichtliche Verfahren einfordert. Weiters haben sich die Wiener Stadtwerke und formal die Fernwärme Wien dem Verfahren angeschlossen. Letztere wurde aber aufgelöst, die Firma ging in den Stadtwerken auf. Der Grund, warum die Gemeinde Wien mit drei Unternehmen als Geschädigte auftritt, erklärt ein Sprecher so: "Es soll ein klares Signal sein, dass wir die Geschädigten sind."
Wer in dem Fall die Rolle des "Aufdeckers" innehat, ist auch heute noch strittig. Fakt ist, dass die Wiener Stadtwerke den Fall intern aufgeklärt haben.
In die Pleite getrieben
Allerdings gibt es auch noch den Unternehmer Peter Peninger, der im Fall als zentraler Zeuge fungiert. Wie berichtet hatte sich Peningers Firma PPP mit einer Forderung von 44,7 Millionen € (zuzüglich 2,5 Millionen € privater Ansprüche) plus Zinsen dem Verfahren angeschlossen. Peningers Darstellung nach sei PPP, da er sich nicht an Malversationen beteiligt hat, vom Netzwerk aus Fernwärme-Mitarbeitern und Konkurrenten in die Insolvenz gedrängt worden.
Neuer Verdacht
Im Fall ist nun ein neuer Verdacht laut geworden: Laut einem anonymen und mit "Anzeige" titulierten Schreiben, das dem WirtschaftsBlatt, den Stadtwerken und dem Wiener Bürgermeister zugegangen ist, soll sich im November bei der Ausschreibung "Anlagenbau und Service 2014-2017" Seltsames ereignet haben: So seien wichtige Unterlagen nicht kontrolliert bzw. unterschrieben worden. Der Verfasser vermutet, dass diese Ungereimtheiten Schiebereien Tür und Tor öffneten. Laut den Stadtwerken, die den Brief am Freitag erhielten, wurde der Compliance-Officer eingeschaltet, die Vergabe wird geprüft.

(WirtschaftsBlatt, Print-Ausgabe, 2014-12-09)


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